Unterlidkorrektur bei Augenringen

MARKUS J. PFEIFFER

Einleitung

Augenringe können aus konvexen Vorwölbungen und/oder konkaven Furchen bestehen. Sie können rein kosmetisch stören oder auch mit funktionellen Einschränkungen und Fehlstellungen zusammenhängen. Die anatomischen Ursachen der Furchenbildung und der Vorwölbungen müssen genau analysiert werden, bevor man eine Operation plant. Für die große Vielfalt von Augenringen gibt es eine große Zahl von verschiedenen Operationstechniken. Die Auswahl der geeigneten Technik erfordert viel Erfahrung, um Komplikationen zu vermeiden.

Abstract

There is a very high variation of lower lid estetic defects that can be treated by individually designed procedures. The surgeon has to be able to apply a very wide range of techniques to correct individual problems. In comparison to the upper lid blepharoplasty, the lower lid blepharoplasty is more complex and affords more sophisticated techniques to avoid complications or bad results. The difficulties of lower lid blepharoplasty are related to the surgical aim to create a continuous smooth surface between the lid margin and the cheek. This aim is contradictory to the natural anatomy, like the natural lower lid crease and the infraorbital crease. Thus these interventions are asociated to a higher risk of complications.

 

Abb. 1: Diese neun verschiedenen Formen von Augenringen erfordern individuell angepasste Operationstechniken. Es muss zwischen Vorwölbungen, Furchen, Orbitafett, Muskeldegeneration, Hauttransparenz, Hautpimentierung, Hauttextur u.s.w. unterschieden werden.

Abb. 2: Die ideale Unterlidkontur entspricht einer fast kontinuierlichen Linie zwischen Unterlidrand und Wange.

Altersbedingte Veränderungen führen zu einer unregelmäßigen Kontur mit abwechselnden (konvexen) Vorwölbungen und (konkaven) Furchen.

Abb. 3: Sechs konvexe oder konkave Formationen unterbrechen eine kontinuierliche Oberfläche.

Oben von links nach rechts : mediales, zentrales und laterales Orbitafett.

Unten von links nach rechts: Malarfurche, Festoon und Malarfettkörper.

 

 

Aspekte für die präoperative Analyse

Lidposition, Orbitastrukturen, vordere Lidlamelle

Das angestrebte Erscheinungsbild des Unterlides ist relativ einfach: glatte Oberfläche ohne die sog. „Augenringe“ z. B. Vertiefungen, Vorwölbungen und Verfärbungen. Unter dem pauschalen Begriff Augenringe findet man Veränderungen mit einem Dutzend verschiedener Ursachen, die fast immer kombiniert auftreten und dadurch zu einer großen Fülle von Formen führen. Zur Vermeidung von Komplikationen ist eine zielgerichtete individuelle Operationsplanung notwendig, die auf einer Analyse der Veränderungen beruht. Primär wird die Lidposition in Relation zur Orbita und zum Bulbus, danach die weiteren Orbitastrukturen und zuletzt die vordere Lidlamelle beurteilt. Aus dieser Reihenfolge ergibt sich auch für die Operationsplanung und die Vermeidung von Komplikationen, dass die tiefer liegenden Veränderungen Vorrang haben und die oberflächlichen Veränderungen an letzter Stelle korrigiert werden sollten.

Lidposition / Orbitastrukturen

Die Bestimmung der Lidposition entsprechend der Orbitakoordinaten ist deshalb so wichtig, weil z.B. die übliche Unterlidstraffung zu einer unerwarteten Abweichung der Lidposition führen kann. Die Bestimmung der Lidposition entsprechend der Orbitakoordinaten ist deshalb so wichtig, weil z.B. die übliche Unterlidstraffung zu einer unerwarteten Abweichung der Lidposition führen kann. Meist hat man einen Volumenüberschuss an Orbitafett in der Konvexität und einen Volumenmangel in der Konkavität. Zur Vermeidung von unerwünschten Ergebnissen wie Unterkorrektur oder Überkorrektur sollte medial, zentral und lateral die Bilanz von Volumenüberschuss und Volumenmangel präoperativ bestimmt werden. Für die Planung eignen sich Fotos mit Beleuchtung des Lidreliefs von oben. Durch die operative Transposition von Orbitafett vom konvexen in den konkaven Bereich kann ein Ausgleich zwischen Volumenüberschuss und Volumenmangel geschaffen werden.

Unterlidfurche

Die Unterlidfurche ist eine normale Winkelbildung zwischen der prätarsalen und präseptalen Oberfäche des Lides. Sie bildet sich durch die Einstrahlung von Fasern der Unterlidretraktoren in den Orbikularismuskel. Eine intakte Unterlidfurche stabilisiert das Unterlid und schützt vor Entropium und Ektropium durch die Zügelung des Orbikularismuskels. Durch eine subziliare Kürzung eines Haut-Muskel-Lappens könnte zwar die Unterlidfurche eliminiert werden, doch es muss mit dem erheblichen Risiko eines tieferstehenden Unterlides gerechnet werden.

Prätarsaler und präseptaler Orbikularismuskel

Dieser zwischen der Lidkante und der Orbitakante liegende Anteil des Orbikularismuskels sollte geschont werden. Sogar bei einer Entropiumneigung mit hypertrophem Muskel verzichte ich auf die Muskelresektion zugunsten der Retraktorfixation. Bei der transkonjuktivalen Unterlidblepharoplastik wird der prätarsale und präseptale Orbikularismuskel weitgehend geschont. Meist ist der prätarsale und präseptale Orbikularismuskel nur indirekt an der Bildung von Augenringen beteiligt, indem er zur dynamischen Faltenbildung der darüberliegenden Haut führt. Ich habe deshalb nur Nachteile einer vertikalen Kürzung des Muskels erlebt. Mit Hilfe einer intraorbitalen Kanthopexie kann allerdings eine sehr effektive Repositionierung des Muskels erreicht werden, ohne Gewebe zu resezerien.

Orbitaler Orbikularismuskel

Viel mehr ästhetische Probleme beruhen auf der Pathologie des orbitalen Orbikularismuskels, der entlang der unteren Orbitakante zu girlandenförmigen („festoons“)Vorwölbungen neigt. Ursache ist eine häufige fettige Degeneration des Muskels in diesem Bereich. Nach Eingriffen am Ober- oder Unterlid neigen geringgradige Festoons, die vor der Operation kaum sichtbar waren, zur Ödembildung, die erst nach Wochen zurückgeht. Die Patienten werten dies häufig als Komplikation, weil sie die „Verschiebung der Tränensäcke nach unten“ wahrnehmen. Geringgradige Festoons benötigen also keine chirurgische Korrektur, sondern nur die Zeit, bis das Ödem zurückgeht. Mittelgradige Festoons kann man durch Hebung eines malaren Haut-Muskel-Lappens glätten. Man sollte sich allerdings bewusst sein, dass der degenerierte Muskel dadurch nur verschoben wird und dass die Degeneration in der Zukunft allmählich fortschreitet. Zur Vermeidung von Komplikationen sollte ein Haut-Muskel-Lappen immer mit einer intraorbitalen Kanthopexie gekoppelt werden (Abbildung 6). Hochgradige Festoons können direkt exzidiert werden, wenn die dadurch entstehende Narbe als geringeres Übel toleriert wird. Siehe auch: Malarchirurgie "festoons".

Haut und Hautüberschuss

Von einem korrekturbedürftigen Hautüberschuss sollte man erst dann ausgehen, nachdem alle anderen Faktoren wie Lidposition und Orbitastrukturen berücksichtigt wurden. Durch eine intraorbitale Kanthoplastik wird schon eine deutliche Verschiebung der vorderen Lamelle erreicht, so dass weitere Hautkürzungen meist kontraindiziert sind. Da das Unterlid seine natürliche Motilität behalten sollte, die eine Hebung bis in die optische Achse ermöglicht, muss ein vertikaler Hautüberschuss von zirka 4 mm belassen werden. Hauttransparenz. Die Haut des Unterlides hat medial eine Dicke von nur 0,2 mm. Dies führt zu einem dunkleren Aussehen (Augenringe), da das Licht vom Lid mehr absorbiert und weniger reflektiert wird. Durch Maßnahmen, die den Kollagenanteil der Haut verbessern, z. B. Resurfacing mit dem CO2 -Laser oder chemisches Peeling, kann eine verminderte Transparenz und verbesserte Konsistenz erreicht werden. Das Unterlid-Resurfacing lässt sich gut mit einer Blepharoplastik kombinieren. Um die Komplikation einer Lidretraktion zu vermeiden, muss der begleitende, straffende Effekt (zirka10 %) berücksichtigt werden. Hautpigmentierung. Hautpigmentierungen am Unterlid können idiopathisch oder als seltene Folge des CO2 -LaserResurfacing auftreten. Eine lokale Behandlung mit depigmentierenden Mitteln ist möglich.

 

Operationstechniken zur Vorbeugung und Korrektur von Fehlstellungen bei der Unterlidblepharoplastik

Intraorbitale Kanthoplastik

Die intraorbitale Kanthoplastik (im Gegensatz zur Kanthopexie) ist die wichtigste Maßnahme sowohl zur Vorbeugung als auch für die Korrektur von Fehlstellungen. Nur dadurch kann erreicht werden, dass der prätarsale Orbikularismuskel wieder auf dem Bulbusäquator zu liegen kommt und der präseptale Orbikularismuskel gehoben wird. Die Oberlidkante wird von der Unterlidkante durch eine laterale Kanthotomie von 3 mm getrennt. Die Inzision wird danach nach posterior bis zum Periost erweitert. Das untere laterale Lidband wird durchtrennt, indem man die hintere Lidlamelle parallel zur Orbitakante nach unten ablöst. Anschließend müssen die weiteren Verbindungen des SMAS (superficial muscular aponeurotic system), z. B. das Orbitomalarseptum, durchtrennt werden. Nach der erfolgreichen Trennung des lateralen Unterlides vom Orbitarand wird es nur noch von der vorderen Lidlamelle limitiert und kann deutlich leich-ter nach oben verschoben werden. Die Lösung der lateralen Lidbänder (Abbildung 9) ist besonders nach einer vorbestehenden Lidretraktion wichtig, da man beobachtet, dass bei einer primären Lidretraktion der vorderen Lidlamelle sich sekundär die lateralen Lidbänder verkürzen. Das laterale Ende des Tarsus soll nicht gekürzt werden, sondern es wird lediglich 1 mm von der Lidkante über den lateralen 3 mm des Tarsus abgetragen. Das laterale Tarsusende wird mit 5-0 Nylon auf der Innenseite der Orbita an der Stelle des Whitnallschen Tuberkels fixiert. Der Vektor der Fixation ist sehr effektiv, da er nach posterior gerichtet ist.

Durch die intraorbitale laterale Kanthoplastik wird das Unterlid innerhalb der Orbita mit einem nach posterior gerichteten Vektor fixiert.

Die Naht verbindet die die Tarsalzunge des Unterlids mit der Innenseite des Periost der Orbitakante.

 

Transkonjunktivaler Zugang mit Orbitafett-Transposition

Bei der transkonjunktivalen Unterlidblepharoplastik wird die vordere Lidlamelle geschont. Deshalb ist die Komplikationsneigung der transkonjuktivalen Unterlidblepharoplastik viel geringer als bei der transkutanen Technik. Die transkonjunktivale Operationstechnik ist jedoch wegen des beengten Zugangs zur Orbitakante schwieriger als die transkutane Technik. Falls man den Eingriff mit einer Kanthotomie und Kanthoplastik (s. o.) kombiniert, vermeidet man die Schwierigkeit des engen Zugangs. Durch die Transposition von Orbitafett kann gleichzeitig die konvexe Vorwölbung des Orbitafettes abgetragen und der konkave Sulkus an der Orbitakante gefüllt werden. Die Bindehaut des Unterlides wird zwischen Fornix und Tarsus horizontal eröffnet. Die zentralen und medialen Orbitafettlobuli lassen sich nach der Druchtrennung ihrer Faszienhüllen zu breiteren Lappen umformen, um sie nach unten in den Sulkus der Orbitakante zu verschieben. Voraussetzung ist die Öffnung des Arcus marginalis, der als fibröse Barriere die Orbita vom prämalaren Raum trennt (Abbildung 3). Nach der Durchtrennung des Arcus marginalis lässt sich das Orbitafett nach unten vor das Periost des Jochbeines transponieren und fixieren.

Der subziliare Zugang neigt zu Komplikationen und ist nur bei sehr ausgeprägtem Hautüberschuss in Kombination mit einer Kanthoplastik indiziert.

Der transkonjunktivale Zugang ist hingegen vielseitig geeignet. Er kann direkt mit einer lateralen Kanthoplastik kombiniert werden.

Im Unterlid unterscheidet man 3 Orbitafettkompartimente, die getrennt erreicht werden:

M=medial, Z=zentral, L=lateral. Zwischen M und Z liegt der Augenmuskel Obliquus inferior mit dem begleitenden neurovaskulären Leitungsbahnen aus dem foramen infraorbitale. Beides muss geschont werden.

Volumentransposition:

Mediales und zentrales Orbitafett wird in die Furche nach unten verschoben. Orbikularismuskel und Malarfett kann mit der Kanthoplastik und dem Malarlift nach oben transponiert werden.

Die laterale Kanthoplastik verschiebt das Unterlid mit der Hautmuskelschicht zum lateralen Kanthus. Der malare Hautmuskellappen wird nach oben verschoben umd am Jochbein fixiert.

 

Kombination mit Malarlift bei Festoons

Um den orbitalen Orbikularismuskel außerhalb der Orbitakante zu heben, bietet ein Malarlift in Kombination mit einer transkonjunktivalen Unterlidblepharoplastik viel mehr Sicherheit als ein subziliar präparierter Haut-Muskel-Lappen. Mit dem Malarlift lassen sich geringgradige und mittelgradige Festoons (Degeneration des orbitalen Orbikularismuskels über dem Jochbein) korrigieren. Der Vorteil des Malarlifts ist, dass der Haut-Muskel-Lappen lateral vom lateralen Kanthus am Periost fixiert wird und sich somit nicht auf die Lidposition auswirkt. Die Inzision sollte exakt in der Höhe des lateralen Kanthus als laterale Verlängerung der Kanthotomie zu liegen kommen. Der Haut-Muskel-Lappen wird dann nach unten von allen Verbindungen zum Jochbein (Orbitomalarseptum) abgelöst, um ihn nach oben verschieben zu können. Der Haut-Muskel-Lappen kann dann lateral vom Kanthus gekürzt und am Periost exakt in Höhe des lateralen Kanthus verankert werden. Eine höhere Fixation führt zu Traktionsfalten und sollte deshalb vermieden werden.

Orbitafettprolaps der Unterlider vor der Operation.

Nach transkonjunktivaler Verkleinerung des Orbitafettvolumens.

 

Ausgeprägte Unterlidlipome medial, zentral und lateral.

Nach trankonjunktivaler Orbitafettresektion aus allen Kompartimenten.

Unterlidlipome medial, zentral und lateral.

Nach transkonjunktivaler Operation.

Unterlidfettprolaps mit Furche am unteren Orbitarand.

Nach transkonjunktivaler Transposition von Orbitafett in den Sulkus.

 

Tipps und Tricks zur Vermeidung von Komplikationen

• Vorrangig ist die Stabilisierung der hinteren Lidlamelle.

• Jegliche Tendenz zur Lidfehlstellung vorsorglich mitkorrigieren

• Durch die intraorbitale Kanthoplastik werden die meisten Komplikationen vermieden.

• Kürzungen der vorderen Lidlamelle gelten als häufigste Komplikationsursache.

• Durch den transkonjunktivalen Zugang wird die vordere Lidlamelle geschont.

• Den Sulkus an der Orbitakante durch Orbitafetttransposition korrigieren.

• Festoons durch kombiniertes Malarlift korrigieren

• Hautmangel wird vorrangig durch eine Hauttransplantation korrigiert.